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Und auf dem Rückweg bin ich wieder steckengeblieben.

Tag 23 (09.08.): 428 km – von Çorlu nach Eregli

km-Stand: 101.105

Nach einem leckeren Frühstück packte ich mein Motorrad und fuhr zu dem Handy-Laden, den ich am Tag zuvor schon besucht hatte. Heute, ein Tag nach meiner Einreise, sollte die Registrierung der Sim-Karte funktionieren. Ich wurde von dem selben jungen Mann bedient wie gestern und leider funktionierte es auch heute wieder nicht. Allerdings mit einem anderen Fehler. Ich tippe ja darauf, dass das Problem darin bestand, dass ich an der Grenze meinen Personalausweis vorzeigte, für die Sim-Karte aber meine Reisepassnummer gebraucht wurde. Die war den türkischen Behörden aber nicht bekannt. Nachdem er etliches versucht hatte und mehrmals mit irgendwem telefonierte und um Rat fragte, gab er mir eine Sim-Karte, die “schon einen Monat alt sei”. Was auch immer das bedeutet. Vermutlich ist sie schon auf irgendwen registriert. Mir war es egal, Hauptsache ich hatte jetzt mobiles Internet. Das ganze Prozedere hatte über eine Stunde gedauert. Ich kam gegen 11:00 Uhr aus dem Laden wieder raus und wollte jetzt gegenüber zur Post um mir eine Mautkarte zu besorgen.

Dort stand aber eine riesige Schlange vor der Tür, so dass ich auf dem Handy nach weiteren Poststellen suchte. Einige lagen auf meinem Weg, aber als ich jeweils dort ankam, existierten sie nicht. Also suchte ich auch nach Shell Tankstellen, die laut ADAC ebenfalls diese Mautkarten verkauften. Ich versuchte es bei insgesamt 5 und auch einer BP Tankstelle, auf Empfehlung des Mitarbeiters bei Shell.

Irgendwann suchte ich wieder nach einer Post und in der Ortschaft Catalca fand ich dann eine, die tatsächlich diese Karten verkaufte. Ein netter Mann, der eigentlich wegen Corona als Türsteher fungierte und aufpasste, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig in der Filiale waren, half mir beim ausfüllen des türkischen Formulars. Anschließend ging ich damit an den Schalter und nach etwas hin und her bekam ich einen Aufkleber, den ich an die Scheibe kleben sollte. Doch da unterbrach der Türsteher und sagte dem Mann hinter dem Schalter, dass ich eine Karte für ein Motorrad brauche und nicht einen Aufkleber für’s Auto. So hatte ich es auch auf dem Formular angegeben.

Der Mann seufzte genervt, stornierte den alten Auftrag und erfasste einen neuen. Nach etwa 40 Minuten kam ich endlich raus und hatte eine Karte, wusste allerdings nicht so recht, was ich damit anfangen soll.

An der ersten Mautstation angekommen zog ich zur Sicherheit noch ein Papierticket am Automaten und fuhr dann weiter. Es waren ca. 10 Kameras auf mich gerichtete, die wohl mein Nummernschild erfasst haben. An der nächsten Station saß dann eine Dame in einem Häuschen und als ich ihr meine Mautkarte geben wollte winkte sie mich einfach durch. Ich sah auf einem Monitor noch den Betrag von 27 Lira und fuhr weiter. Super, das war ja einfach. An der nächsten Station zog ich daher kein Ticket und fuhr einfach durch doch als es dann wieder ans Bezahlen ging, wurde ich nicht durchgewunken. Die Frau prüfte nochmal mein Nummernschild und wollte mein Ticket sehen.

Da das von der ersten Station war, musste ich diesen Abschnitt wohl doppelt bezahlen. Nur so kann ich mir den relativ hohen Betrag erklären. Damit war auch mein komplettes Guthaben auf der Karte aufgebraucht, das eigentlich für die gesamte Strecke hätte reichen sollen. Ich bezahlte die Different mit der Kreditkarte und zog an der nächsten Station wieder ein Ticket. Es sollte zum Glück das letzte gewesen sein und als ich am Ende die Autobahn verlies, zahlte ich auch dieses mit der Kreditkarte.

Hätte ich gewusst, dass es diese Möglichkeit gibt, hätte ich mir den ganzen Ärger mit der Mautkarte sparen können.

Als ich endlich von der Autobahn runter kam wurde die Strecke nur geringfügig schöner. Die gesamte Strecke bis zu meinem Hotel verlief über eine 4 spurige Schnellstraße.

Meine Laune besserte sich schlagartig, als ich Karasu an einem Restaurant anhielt und mir etwas zu essen bestellte. Erneut per Fingerzeig auf ein Menüfoto. Eine Portion Köfte und ein Wasser. Ich bekam wieder eine große Portion, die noch besser schmeckte als das was ich gestern gegessen hatte. Besonders die Aivar-artige Soße war extrem gut. Am Nachbartisch saß ein Türke aus Österreich der mich ansprach und nach meiner Reise fragte. Es war nett mal wieder ein paar Takte auf Deutsch zu plaudern. Die Rechnung machte am Ende 32 Lira, 3,20 € aus. Preise, noch günstiger als in Thailand.

Von dem Restaurant fuhr ich noch einen kleinen Umweg an der Strandpromenade der Ortschaft entlang, um einen Blick aufs Meer werfen zu können bevor es dann weiter über die Schnellstraße bis zu meinem Hotel ging, das übrigens direkt an eben dieser Straße liegt. Ich hoffe sie macht heute Nacht nicht zu viel Lärm.

Tag 24 (10.08.): 236 km – von Eregli nach Cide

km-Stand: 101.533

Vom Lärm her war die Nacht ok, aber ich habe wegen des unbequemen Kopfkissens nicht gut geschlafen. Hatte nach dem Aufstehen einen ganz steifen Hals.

Dafür war das Frühstück hervorragend. Heute gab es auch 2 Sorten Rührei, was ich gestern vermisste.

Super Frühstück mit leckerem Rührei in Eregli

Der Rest des Tages war der Hammer. Als ich im Juli losgefahren bin hatte ich keine wirkliche Vorstellung was mich in der Türkei erwarten würde. Ich wusste nur, dass die Schwarzmeerküste schön sein sollte. Doch das beschreibt den heutigen Tag nicht ansatzweise.

Die erste ¾ Stunde fuhr ich über ein abenteuerliches Sträßchen, das zum Teil stark mit Rollsplit übersäht war, so dass ich mich vorsichtig mit 20 km/h fortbewegte, und das teilweise so steil war, dass ich in den ersten Gang zurück schalten musste. Und das manchmal mitten in Ortschaften. Außerhalb der Dörfer war die Straße so ruppig, dass mir sofort Karl Mays “Durchs wilde Kurdistan” in den Sinn kam, auch wenn das hier weder die Zeit noch ein Kurdengebiet ist.

Danach bog ich wieder auf die 4-spurige perfekt geteerte D010 ab, die sich durch die Berge schlängelte als wäre es nur eine kleine Landstraße, dafür mit schlaglochfreiem griffigem Asphalt so das jede Kurve eine Freude war.

In Zonguldak angekommen steuerte ich einen Leuchtturm an, der zwar nicht besonders fotogen war, aber wo es ein Cafe gab in dem ich mir einen geeisten Ananasdrink genehmigte. Die Aussicht auf’s Meer war toll dort.

Weiter ging es entlang der kleinen Küstenstraße, die eigentlich gar nicht an der Küste entlang lief, sondern kurvig und steil durch die Berge führe um die Küstendörfer miteinander zu verbinden.

Türkali Plaji

In Filyos machte ich den nächsten Halt und besichtigte die Festung, die auf die Römerzeit zurück geht. Es war nicht besonders spektakulär, aber den Abstecher dennoch wert und der Blick auf den Strand von Filyos war inklusive. Als ich auf dem Parkplatz zu meinem Motorrad ging, sprach mich erneut ein deutschsprachiger Türke, diesmal aus Essen, an und empfahl mir nach Amasra zu fahren. Der Ort wäre sehr schön und dort gäbe es auch eine römische Festung.

Da es auf meinem Weg lag, fuhr ich also als nächstes nach Amasra. Die Stadt hatte ihren ganz eigenen seltsamen Charme. Wohnhäuser und Geschäfte inmitten der historischen Ruinen. Eine alte orthodoxe Kirche direkt neben Leinen voller Wäsche. Es gefiel mir zwar nicht so gut wie Nessebar in Bulgarien, hatte aber seinen speziellen Reiz und ich war froh, dass ich hergekommen bin.

Von hier fuhr ich mit einem Zwischenstopp um etwas zu essen, über die D010, die aber jetzt ihren Autobahncharachter verlor und zu einer 2-spurigen Landstraße mutierte, bis zu meiner Pension nach Cide. Perfektes timing, denn kurz bevor ich angekommen bin verdunkelte sich der Himmel und ich bekam die ersten Tröpfchen ab. Das sieht nach einem heftigen Regen heute Nacht aus. Ich hatte ja keine Ahnung wie schlimmes werden würde und welche Schäden entstehen würden.

Tag 25 (11.08.): 199 km – von Cide nach Sinop Doğanyurt

km-Stand: 101.769

Kurz zusammengefasst, der Vormittag war ein Traum, der Nachmittag ein Albtraum und der Abend hatte ein Happy End.

Ich startete um 9:15 Uhr von meiner Pension in Cide. Ich hatte nicht besonders gut geschlafen und wachte noch vor dem Wecker auf. Ich beschloss erst einmal ein Stück zu fahren und mir dann ein nettes Cafe zum Frühstücken zu suchen.

Ab Cide war die D010 nur noch 2-spurig und schlängelte sich wie ein chinesischer Drache durch die Berge. Abwechselnd den Blick auf steile Berghänge oder aufs weite Meer freigebend.

Ich hielt ein paar mal an um Fotos zu machen, auch wenn der Himmel stark wolkenverhangen war. Immerhin war es trocken.

Ich passierte einige wenige Ortschaften doch nirgeds fand ich etwas passendes zu Essen bis ich Doğanyurt erreichte. Dort gabe es einen kleinen Ortskern mit ein paar Möglichkeiten zu Essen. Als ich neugierig ins Schaufenster blickte winkte der Wirt mich herein und hob die Deckel aller Töpfe. Ich sollte mir etwas aussuchen. Ich zeigte auf den Topf mit Rindfleisch und Kartoffeln die ich mit einem großen Korb Brot und einer Flasche Wasser serviert bekam.

Ich merkte erst während des Essens wie hungrig ich eigentlich war. Schließlich war es schon 11:45 Uhr. Ich bedankte mich und zahlte 25 Lira. Dann fuhr ich weiter in Richtung Inebolu.

Rindfleisch mit Kartoffeln

Doch nach ein paar Kilometern im Ort Özlüce standen plötzlich eine Menge Autos und Menschen an der Straße. Ich tastete mich langsam vor bis ich von der Polizei angehalten wurde.

Da erst erkannte ich, dass der reißende Fluss hinter der Brücke über die Ufer getreten ist und die Straße überschwemmt hat. Hier ging es nicht weiter.

Ich befragte Google Maps nach einer alternativen Route und wurde wieder zurück Richtung Doğanyurt geschickt, sollte aber im Ort Kayran links in die Berge abbiegen. Die Straße war geteer und sah vielversprechend aus. Ich fuhr eine ganze weile, bis der Teer aufhörte, der Schotter aber so stark verdichtet war (ich denke hier soll bald auch geteert werden) dass ich mich entschied weiterzufahren. Ich hoffte ständig, dass ich irgendwann wieder Teer unter die Räder bekam aber stattdessen wurde es immer schlimmer bis ich vor einer ziemlich schlammigen Passage stand. Ich überlegte ein Weile welche Alternativen ich hätte. Wenn ich zurück fahren würde müsste ich den kompletten Weg nach Cide zurück um eine andere Route zu meinem Zielort zu finden.

Daher beschloss ich es zu versuchen und passierte die Stelle erfolgreich. Doch es war nicht die letzte dieser Art. Ich passierte noch ein paar weitere bis ich an einen Erdrutsch kam den zu überqueren keine gute Idee war. Ich versuchte es trotzdem und blieb stecken. Mein Hinterrad drehte durch und vergrub sich immer tiefer im schlammigen Geröll bis ich mit dem ganzen Motorrad auf dem Boden aufsetzte und absteigen konnte, ohne dass es umfiel. Und zu allem Überfluss begann es jetzt auch noch zu regnen.

Zum Glück waren ein paar Männer mit Schippen und einer Spitzhacke bewaffnet unterwegs um das gröbste Geröll von der Straße zu entfernen. Als sie mich sahen halfen sie mir, schoben mich an und konnte den Erdrutsch überwinden. Dann erklärten sie mir jedoch, dass die Straße hier nicht weiterging. Ich müsse auf jeden Fall umdrehen und in der nächsten Kurve links abbiegen. Dann würde ich irgendwann auf eine asphaltierte Straße kommen. Zumindestens deutete ich ihre Handzeichen so. Das einzige Wort, das ich verstand war „Asphalt“.

Ich musste also erneut über den Erdrutsch. Doch diesmal hatte ich etwas mehr vertrauen und fuhr etwas schneller um nicht stecken zu bleiben. Außerdem hätte ich im Zweifel ja noch ein paar helfende Hände.

Ich überquerte den Erdrutsch ohne Probleme, bedankte mich und fuhr weiter. Nach einer weiteren recht brenzligen stelle ging es dann etwas besser voran und ich erreichte irgendwann die Teerstraße D759. Geschafft, dachte ich. Doch da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Ein letztes mal durchs Geröll, bevor ich die Asphaltstraße erreicht habe.

Ich fuhr keine 500m da war auch schon die Straße unterspült und in den Fluss gerutscht. Ich war kurz vorm verzweifeln. Musste ich etwa wieder den ganzen Weg über den Berg zurück? Ich sah einen kleinen Randstreifen neben der weggebrochenen Straße und dachte, vielleicht schaffe ich es dort ja vorbei. Was ich nicht bedachte war, dass neben einer Straße ja üblicherweise ein Graben ist. Dem war auch hier so, ich hatte es wegen des vielen Wassers nur nicht erkannt. Ich sackte ab und das Wasser reichte fast bis zur Sitzbank. Meine Schuhe liefen komplett voll, aber diesmal machte ich nicht den Fehler stehen zu bleiben sondern zog es durch und erreichte völlig durchnässt die andere Seite.

Hier musste ich durch den Wassergraben an der eingestürzten Straße vorbei. Ich frage mich, wie es das Auto auf die andere Seite geschafft hat.

In dem Moment wurde mir klar, dass das auch ganz böse ins Auge gehen hätte können, wenn der graben ein wenig tiefer gewesen und mir das Wassern in den Luftfilter gelaufen wäre. Aber so war ich glücklich weiterfahren zu können. Doch da hatte ich mich wieder zu früh gefreut. Ein paar hundert Meter weiter war die komplette Straße weggespült und es gab keine Chance auf ein Weiterkommen.

Ein paar Meter weiter ging es dann nicht mehr weiter.

Es gab auch keinerlei Chance für einen Abschleppdienst hier hin zu kommen und so blieb mir nichts andere übrig als kehrt zu machen und erneut durch den Straßengraben zu fahren. Ich betete, dass es erneut gut ging und hatte wieder einmal Glück.

Hoffentlich war mein Glück jetzt nicht aufgebraucht.

Jetzt gab ich endlich auf und entschied mich dazu der D759 in die andere Richtung zu folgen, mein Tagesziel aufzugeben und eine weitere Nacht in Cide zu verbringen. Vielleicht ist der Weg nach Inebolu ja morgen frei.

Doch auch da hatte ich mich zu früh gefreut.

Denn nach kurzer Zeit versperrte ein umgefallener kleiner Baum den Weg und als ich abstieg um zu schauen, ob ich ihn evtl. irgendwie zur Seite räumen könnte erkannte ich, dass hinter dem Baum die Straße komplett eingebrochen und definitiv nicht passierbar war.

Was für eine Scheiße. Es blieb also als einzige Lösung wieder über den Berg zurück zu fahren. Erschwerend kam hinzu, dass schon seit einer ganzen weile meine Tankanzeige blinkte und ich schon Angst hatte die Tankstelle auf der D759 nicht mehr zu erreichen. Doch jetzt nochmal 40 km zurück, ausschließlich im ersten und zweiten Gang, das würde ich nicht schaffen.

Aber ich hatte ja keine Wahl. Wenn ich es bis zum höchsten Punkt schaffte, könnte ich bergab ja rollen lassen.

Ich fuhr also wieder auf die Schotterpiste, die mittlerweile noch schwieriger zu befahren war, da es immer mal wieder für ein paar Minuten regnete, was auch den unschönen Nebeneffekt hatte, dass meine Brille bei geschlossenem Visier beschlug und bei offenem Visier von den Regentropfen nass wurde. So oder so sah ich kaum etwas, was dazu führte, dass ich an der Stelle die ich auf dem Hinweg gerade so noch durchqueren konnte, diesmal stecken blieb.

Und auf dem Rückweg bin ich wieder steckengeblieben.

Ich lies mein Motorrad stehen und zug zu Fuß weiter. Nach gut 500 Metern erreichte ich die Stelle an der mir die Männer beim ersten Mal aus der Klemme halfen und ich hatte Glück und traf sie erneut an. Ich zeigte ihnen eine auf dem Handy übersetzte Nachricht, dass ich umkehren musste weil die Asphaltstraße kaputt sei und nochmal ihre Hilfe bräuchte. Dann zeigte ich ihnen noch die Fotos von der zerstörten Straße. Sie waren entsetzt und boten mir wie selbstverständlich ihre Hilfe erneut an. Wie liefen den knappen Kilometer zurück zu meinem Motorrad und auf dem Weg räumten sie immer mal wieder den gröbsten Schutt von der Straße, was mir beim späteren weiterfahren seht gelegen kam.

Als wir das Motorrad erreichten schoben sie zu viert an, aber da ich nicht auf ebener Strecke sondern bergauf hängengeblieben bin, schafften wir es nicht das Motorrad frei zu bekommen. Ich zeigte mit den Händen an, dass sie mal ziehen sollen. Sie schaufelten zuerst den gröbsten Dreck hinter meinem Hinterrad beiseite und dann zogen sie mich ein Stück rückwärts so dass sie dann vor mir die Straße freischaufeln konnten. Mit vereinten Kräften kamen wir beim zweiten Versuch durch. Ich war erleichtert und bedankte beiallen und fragte ob ich noch ein Foto von meinen Helden machen dürfte. Klar, kein Problem.

Meine Helden, die einen Kilometer mit mir zu meinem Motorrad gingen um mich wie schon zuvor auszubuddeln

Doch wer nun denkt, das war‘s, derr irrt leider.

Nach ein paar Kilometern kam ich in einen Ort in dem mich Google Maps falsch führte. Ich landete plötzlich auf einer Wiese vor einer Heuscheune hinter der die von Google vorgeschlagene Straße verlief, die ich aber leider nicht erreichen konnte. Ich versuchte umzudrehen, doch der Weg war so steil und schlammig, dass ich es nicht wieder zurück schaffte. Langsam ging mir der ganze Scheiß auf die Nerven insbesondere da es immer wieder anfing zu regnen. Und wenn ich mich freute, dass es aufgehört hat, fing es ein paar Minuten später wieder an.

Jetzt resignierte ich. Ich glaubte nicht mehr daran es noch zurück zu schaffen. Also schrieb ich eine Nachricht in mein Handy, übersetzte sie auf Türkisch und klopfte an einem der beiden Häuser. Kurz gesagt, ich sagte, dass ich mit meinem Motorrad feststeckte und ob ich vielleicht hier übernachten könnte. Die Frau die mir öffnete schien etwas ängstlich und wollte auf keinen Fall einen Fremden in ihrem Haus und schickte mich weg. Das gleiche passierte an dem 2. Haus. Ich ging wieder zurück zum Motorrad und baute all mein Gepäck ab. Die Seitenkoffer, die Tankbox und räumte alles aus der Alukiste aus und legte es an eine trockene Stelle vor der Scheune. Ich wollte noch einen letzten verzweifelten Versuch starten den Weg doch noch hinauf zu kommen.

Jetzt kam ein Mann und sprach mich auf türkisch an. Ich bedeutete ihm, dass ich stecken geblieben bin und den steilen Weg nicht wieder hochkommen würde. Ich versuchte es auch gleich nochmal ohne Gepäck und mit etwas mehr Tempo. Würde mir das Motorrad jetzt umfallen, ich hätte ja jemanden, der mir beim Aufrichten helfen könnte.

Doch ich hatte auch diesmal keine Chance. Der Mann verschwand immer mal wieder und kam zurück um dann wieder zu verschwinden. Die beiden Frauen sagten immer mal wieder etwas auf türkisch zu mir und schauten dem Treiben neugierig zu.

Jetzt kam ein Junge auf einem kleinen 125 Motorrad angefahren, der sich das Problem anschaute, aber leider auch keine Lösung hatte. Dann lief er plötzlich wie von der Tarantel gestochen den Berg hinauf zur Straße. Kurz darauf hörte auch ich den herannahenden Traktor, den der Junge anhielt und mit 2 weiteren Männern zurück kam. Die 3 Männer und der Junge halfen mein Motorrad zu schieben und mit viel Feingefühl an der Kupplung schaffte ich es tatsächlich wieder hinauf.

Sie zeigten mir den richtigen Weg und ich packte wieder all meine Koffer. Dann kamen die beiden älteren Damen noch. Eine gab mir einen Müsliriegel und die andere 2 frisch gebackene Fladenbrote. Ich konnte mein Glück kaum fassen, doch ich hatte ja immer noch das Benzin Problem.

Also fragte ich per Google Translate, ob ich vielleicht noch einen Liter Benzin bekommen könnte, da ich es sonst wohl nicht bis Doğanyurt schaffen würde. Der Mann schüttelte den Kopf, doch der Junge bedeutete mir ihm zu folgen. Wir fuhren etwa einen Kilometer weiter zu einem anderen Haus und nach kurzer Zeit erschien er mit einer großen Olivenölflasche in der etwa ein Liter Benzin war.

Das war meine Rettung. So setzte ich meinen Weg fort und hatte sogar das Glück, dass die Strecke nach Doğanyurt schon etwas früher geteert war als auf dem Hinweg. Das war auch bitter nötig, das es schon auf 20:00 Uhr zuging und es dunkel wurde.

Da kam mir in Erinnerung, dass im Reiseführer davon abgeraten wird Nachts auf Landstraßen zu fahren, da es dort zu viele Schlaglöcher gibt. Ich hätte diese schlammige Geröllpiste liebend gerne gegen eine mit Schlaglöschern übersäte Landstraße eingetauscht. Irgendwann erreichte in dann schließlich Doğanyurt und konnte auch direkt am Ortseingang Tanken. 23,8 Liter. So viel habe ich noch nie getankt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es ohne den extra Liter von dem Jungen nicht geschafft hätte. Ach ja, was ich noch vergaß zu erwähnen. Als ich dem Jungen das Benzin bezahlen wollte lehnte er ab. Das gehört wohl zur türkischen Hilfsbereitschaft dazu.

In Doğanyurt fand ich genau eine Pension. Hotels gab es keine. Und glaubt es oder nicht, die war komplett ausgebucht. Wie viel Pech konnte man denn an einem Tag bloß haben.

Ich fragte die Dame zur Sicherheit nochmal ob es hier im Ort noch was andere gäbe. Leider nicht. Und ob es in der Nähe in einem Nachbarort was gibt? Leider auch nicht. In Inebolu, aber die Straße ist immer noch überschwemmt. Das nächste was ich in meinem Handy fand war in Cide, dem Ort in dem ich heute morgen gestartet bin. Und ich hätte in der Dunkelheit wohl knapp 2 Stunden dorthin gebraucht. Allerdings bemerkte ich dass die Dame von der Pension telefonierte und nicht wieder rein ging. Vielleicht ging da ja doch noch was. Also schaute ich noch etwas länger auf meine Handy und dann kam sie irgendwann zu mir und zeigte mir eine Übersetzung auf ihrem Handy. Sie habe ein Zimmer für mich. In einem Schlafsaal in der Schule. Es würde gleich ein Auto kommen und mich dorthin begleiten.

Ich konnte es nicht fassen. Nach ein paar Minuten kamen 2 Mädels und eskortierten mich zur Schule. Ich schätze hier sind gerade Sommerferien und deshalb sind die Zimmer leer. Ist wohl so etwas wie ein Internat. Ich bekam ein Bett in einem 4er Zimmer. Und auch noch ein paar Kekse und 2 Trinkpäckchen. Ich fragte natürlich sofort, was sie dafür bekommen. Nichts. Das wäre so ok. Sie freuen sich mir helfen zu können. Wow. Was für ein Happy End eines ziemlich üblen Tages.

Tag 26 (12.08.): 304 km – von Doğanyurt nach Sinop Gökçebey

km-Stand: 101.968

Der heutige Tag war erneut von Regen und kaputten Straßen geprägt. Als ich die Schule verließ fragte ich einen der anwesenden Männern nach der Situation in Inebolu. Er meinte man könne immer noch nicht über die große Brücke fahren, aber es gäbe noch eine kleine Brück weiter flussaufwärts im Ort. Vielleicht wäre die passierbar.

Ich versuchte mein Glück und schon beim Beladen des Motorrads fing es an zu regnen. Ich zog mir also gleich meine Regensachen an und fuhr Richtung Inebolu. Leider gab es keine Chance durch den Ort Özlüce zu passieren, weder über die große noch über die kleine Brücke. Ich fuhr also wieder zurück nach Doğanyurt allerdings versuchte ich es vorher noch mit einer Umleitung durch die Berge von Köroğluüber Hörmetli nach Güneşli, aber schon in Hörmetli ging es nicht mehr weiter. Wenigstens hatte es aufgehört zu regnen.

Also zurück durch Doğanyurt nach Cide und weiter nach Bartin. Von dort wollte ich nach Safranbolu wo ich mir auch von unterwegs noch schnell ein Hotel buchte. Leider kam ich schon ab Cide in ein heftiges Gewitter und fuhr etwa ⅔ des Tages in strömendem Regen. Leider erreichte ich Safranbolu nicht, denn irgendwo hinter Abdipaşa war schon wieder eine Brücke unterspült und zusammengebrochen. Wenn das so weiter geht erreiche ich Georgien nie.

Also machte ich wieder kehrt und fuhr zurück nach Bartin, wo ich über die D010 einen noch weiteren Bogen fuhr und schließlich in Gökçebey in einem sehr schönen Hotel landete. Es war erst 17:00 Uhr, aber ich war so durchgefroren und erschöpft, dass ich nicht mehr weiterfahren wollte. Ich stornierte mein Hotel in Safranbolu wieder und schrieb der Unterkunft in Sinop, dass ich es erneut nicht schaffen würde, aber hoffentlich morgen ankäme.

Highlight des Tages neben den leckeren Köfte im Hotelrestaurant, war der überdachte VIP Parkplatz direkt am Haupteingang des Hotels. Da sollte mein Motorrad auch hoffentlich nicht geklaut werden.

Tag 27 (13.08.): 384 km – von Gökçebey nach Sinop

km-Stand: 102.272

Alle guten Dinge sind 3. Im dritten Versuch also mit 2 Tagen Verspätung erreichte ich endlich Sinop.

Der Himmel strahlte blau, unterbrochen nur von ein paar Schönwetterwolken. Vom gestrigen Unwetter war nichts mehr zu sehen. Nach einem guten Frühstück fuhr ich los. Das heißt, ich wollte losfahren, merkte aber, dass die ganze Nacht über mein Parklicht brannte und dadurch die Batterie leer war. Doch der Portier war zur Stelle und gab mir Starthilfe.

Der erste Streckenabschnitt bis Karabück war super. Eine gute Straße, der Fluss daneben führte nicht allzu viel Wasser was mich hoffen ließ, dass die Straße nirgends eingestürzt war und die Landschaft ist ein Träumchen. Es ging teilweise durch enge Schluchten, die Straße auf der einen und eine Eisenbahntrasse auf der anderen Seite unterbrochen von vielen kurzen Tunneln.

Kurz vor Karabück wurde ich dann von der Polizei angehalten. Einer der beiden Beamten trug sogar ein Maschinengewehr um den Hals. Aber sie wollten weder Ausweis noch Führerschein sehen. Nur ein wenig plaudern, was etwas schwierig war, da sie kein Englisch sprachen. Wir kamen zumindest so weit, dass ich aus Deutschland komme und nach Sinop wollte. Das genügte ihnen und sie ließen mich weiterfahren. Ich war beruhigt, dass sie nichts von irgendwelchen gesperrten Straßen sagten und so war ich zuversichtlich, dass ich es heute nach Sinop schaffen würde.

Die weitere Strecke üb er die 4-spurige D030 nach Arac und Kastamonu war fahrerisch recht langweilig aber wenigstens Landschaftlich schön. Irgendwann traute ich mich zum Tanken anzuhalten. Nach knapp 3 Stunden müsste die Batterie ja wohl wieder aufgeladen sein.

D030 vor Hanönü

Dem war auch so und nach dem Tanken sprach meine Dicke wieder anstandslos an.

Etwas später in Pompeiopolis gönnte ich mir einen „kleinen“ Nachmittagssnack. Ich bestellte wieder per Fingerzeig auf ein Menüfoto, ahnte aber nicht wie groß die Portion sein würde.

Die zusammengeklappte türkische Hackfleischpizza war super lecker und ich was pappsatt.

“Kleiner” Mittagssnak

Das letzte Stück bis nach Sinop ging wieder über eine kleine Bergkette und wahr fahrerisch wie Landschaftlich sehr schön.

In Sinop angekommen machte ich einen Stadtbummel durch die Fußgängerzone an die Hafenpromenade, die ich einmal komplett entlang lief und mir am Ende ein Kunstwerk von einem Eis gönnte. Wie eine Rosenblüte zusammengesetzt und am Schluss noch in Schokosoße getaucht. Lecker.

Dann bestieg ich noch die alte Burg deren Grundmauern noch aus der Römerzeit stammten.

Vorletzte Sehenswürdigkeit waren dann die Überreste der byzantinischen Balatlar-Kirche aus dem Jahre 660. Leider konnte man das Gelände nicht betreten und so blieb mir nur ein paar Fotos durch den Zaun zu machen.

Auf dem Rückweg zu meinem Motorrad ging ich noch zur Diogenes Statue, die den griechischen Philosophen darstellt, der im Jahre 412 v. Chr. in Sinop geboren wurde.

Jetzt fuhr ich endlich zu meiner Unterkunft, einem schönen Country Resort an einem kleinen See. Nachdem ich mein Zimmer bezog machte ich noch einen kleinen Spaziergang und dann ging ich auf mein Zimmer. Leider gibt es hier kein Internet, deshalb muss die Veröffentlichung meines Bulgarien Reiseberichts noch etwas warten. Aber die Fotos von heute kann ich auch offline bearbeiten.