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Abra el Acay - 4895 m

Planänderung, gleich zweimal

Auch wenn es mir gestern auf dem Pass noch gut ging, setzten abends leichte Kopfschmerzen ein. Und in Kombination mit einem sehr harten Bett führte das zu einer sehr schlafarmen Nacht. Ich hatte viel Zeit nachzudenken und beschloss wieder in tiefere Gefilde nach Salta zu fahren und ein paar Tage bis Neujahr auszuspannen. Auch wenn das bedeutete meinen Ausflug zu den Caspala Zig Zag Serpentinen endgültig aufzugeben.

Nach dem Frühstück ging es mir aber wieder erstaunlich gut. Ich fuhr wie ursprünglich geplant zum Viadukt La Polvorilla, einer Eisenbahnbrücke in 4200 Metern Höhe über das der “Tren a las Nubes”, der Zug zu den Wolken, fährt.

Zurück in San Antonio tankte ich und fuhr Richtung Salta. Doch schon nach wenigen Kilometern kam mir der Gedanke, meinen Trip zu den Caspala Zig Zag noch nicht abzuschreiben und statt nach Salta nach Tilcara zu fahren. Gedacht, getan. Ich kehrte um und machte noch eine schnelle Mittagspause in San Antonio mit ein paar leckeren Empanadas.

Kaum hatte ich San Antonio verlassen, endete auch der Asphalt. Ich schaute in meiner App, die sagte 17 Kilometer Schotter. Das war machbar. Luft aus den Reifen und los.

Dummerweise hatte ich übersehen, dass neben den 17 Kilometern Schotter auch noch 70 Kilometer unbekannt angegeben waren. Das war natürlich auch Schotter. Und so benötigte ich alleine für die knapp 90 Kilometer übelster Wellblechpiste 4½ Stunden (statt 1½ wie von Google vorhergesagt).

Doch zum Glück blieb es trocken, auch wenn die dunklen Wolken ab und zu bedrohlich nahe kamen.

Ruta 79, Wellblechpiste mit dunklen Wolken

Als ich dann irgendwann die Ruta 52 und somit den Asphalt erreichte machte ich noch einen kleinen Abstechen zu den Salinas Grandes de Jujuy. Auf den ersten Blick sehr ernüchternd weil sehr dreckig. Aber ich komme ja auf meinem Weg nach Antofagasta noch einmal hier vorbei. Dann schaue ich mir das genauer an.

Nun wurde ich von einer tollen Serpentinenstrecke über den Pass Jujuy mit 4170 Metern Höhe überrascht, den ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Auf der anderen Seite erfolgte die gefühlt doppelt so lange Abfahrt ins Tal von Tilcara, das nur noch auf knapp 2500 Metern liegt.

Als ich ankam war es schon 19:00 Uhr und ich hatte noch keine Unterkunft. Zum Glück hatte ich erneut eine tolle Empfehlung von Nino in einem sehr schönen Hotel mir super bequemen Betten.

Als ich ankam duschte ich schnell und zog mich um, um in der Stadt noch etwas Essen zu gehen. Da das Hotel 20 Gehminuten außerhalb liegt bat mir der Besitzer an mich schnell zu fahren. Ich nahm dankend an.

Der Ort ist sehr schön, aber auch sehr touristisch. Ich landete in einem Restaurant am Hauptplatz, das mir ein anderer Motorradfahrer aus unserer Gruppe empfohlen hatte. Mit Live Musik. Allerdings ohne Strom. Zumindest als ich ankam. Es war eine schöne Atmosphäre bei Kerzenlicht und unplugged Musik.

Abends schrieb ich noch in die WhatsApp Gruppe, ob es jemanden gibt, der morgen zusammen mit mir die Runde zu den Caspala Zig Zag machen möchte. Ich war gespannt, ob jemand antworten würde.

Ein weiterer Tag in Tilcara

Als ich aufwachte checkte ich mein Telefon, aber es hat niemand auf meine Anfrage geantwortet. Und da es draußen sehr Bewölkt war, begrub ich meinen Plan endgültig, da ich keine Lust hatte alleine irgendwo in einer Flussdurchfahrt hängenzubleiben. Insbesondere auf einer Strecke wo vermutlich sonst kaum jemand unterwegs ist. Ich genoss erst einmal mein Frühstück und dann entschied ich mich noch einen Tag dran zu hängen. Zum Glück war mein Zimmer noch verfügbar.

Da ich vom gestrigen Tag noch extrem geschlaucht war, legte ich mich nochmal ins Bett. Gegen 11:00 Uhr ging ich dann in die Stadt und musste mich auf dem Weg einer Attacke eines bisswütigen Hundes erwehren. Zum Glück hat er nur meine Hose und nicht mein Bein erwischt.

In der Stadt machte ich einige Besorgungen. Zuerst ging ich zum Friseur. Dann zu einem Optiker, denn mir ist vor ein paar Tagen einer der Nasenpads meiner Brille abgebrochen und seit dem fahre ich mit meiner Ersatzbrille.

Außerdem habe ich vor ein paar Tagen auch noch meine Seifendose sowie meine Kappe in einer Unterkunft vergessen. Seitdem habe ich in diversen Märkten gesucht, aber nichts gefunden. Heute stand ich plötzlich vor einem Laden, der mich an die Brüder vom Schrottplatz erinnerte. Ich fragte die Dame per Deepl Translate App nach einer Seifendose. Sie wühlte in einem Berg von Artikeln und kramte letztlich eine heraus.

Eine Kappe bekam ich auf dem Markt. Dem ersten richtigen Markt den ich in Südamerika gesehen habe. Dort aß ich auch zu Mittag. Ein fantastisch gut gegrilltes Lama Steak mit Kartoffeln, Mais, Bohnen und einem Stück Käse.

Das einzige was noch fehlt ist ein neuer Displayschutz für mein Handy, da sich der alte gestern abgelöst hat. Leider hatte der einzige Handyladen Mittagspause und machte erst um 18:00 Uhr wieder auf.

Ich setzte mich noch etwas in den Park und suchte nach einer Unterkunft in Salta, meinem nächsten Stopp. Hier bleibe ich bis Neujahr.

Gegen 15:30 Uhr machte ich mich auf den Weg zurück zum Hotel und da ich ein wenig Angst vor den Hunden hatte nahm ich einen kleinen Umweg. So konnte ich ihnen aus dem Weg gehen.

Ich schaute ein paar YouTube Videos und als ich um 18:00 Uhr nochmal in die Stadt wollte fing es an kräftig zu schütten. Egal, ein Displayschutz ist nicht so dringend. Und da ich mittags eine große Portion hatte, brauchte ich auch nichts mehr zu Essen. Bzw. ich aß ein Stück Kuchen, dass ich mittags beim Bäcker gekauft hatte und ein paar Kräcker.

Den Abend verbrachte ich damit Bilder zu bearbeiten und Reisebericht zu schreiben.

Auf nach Salta

Nach dem Abschied aus meinem schönen Hotel ging es los, bei leichtem Regen.

Doch je näher ich an San Salvador de Jujuy kam, desto besser wurde das Wetter. Da ich heute keine lange Strecke vor mir hatte, nutzte ich die Zeit und machte einen Abstecher ins Zentrum zum Plaza Belgrano.

Eigentlich wollte ich noch eine Runde durch den Garten des Gouverneurspalastes, doch der Wachmann lies mich nicht vorbei. Stattdessen deutete er auf den Haupteingang. Ich hätte nicht gedacht, dass man den Palast hätte besichtigen können, doch ich nutzte die Gelegenheit und für läppische 200 Pesos bekam ich eine Führung auf Englisch durch die Flaggenausstellung und den Flaggensaal. Die nette Dame bemühte sich redlich, doch durch das häufige Einstreuen spanischer Wörter in ein nicht gerade gutes Englisch fiel es mir schwer ihr zu folgen.

Jedenfalls wurde der Palast wegen des Flaggensaals zum UNESCO Weltkulturerbe. Aber um welche Flaggen genau es sich handelte habe ich nicht verstanden. Es hatte etwas mit General Manuel Belgrano zu tun, der sich 1813 in Unabhängigkeitskrieg verdient gemacht hat.

Nach der Führung bummelte ich noch durch die Stadt, aß ein Schnitzelbrötchen und machte ein Bild der schönen Basilica San Francisco, die für meinen Geschmack deutlich schöner war als die direkt am Platz gelegene Catedral Basílica del Santísimo Salvador.

Von hier fuhr ich weiter über die Ruta 9 und einen besonders grünen Streckenabschnitt, der sich Verde Salta nennt in Richtung Süden.

In Salta angekommen bezog ich mein Apartment in dem ich die nächsten beiden Nächte verbringe und bummelte noch ein wenig durch die Stadt zum Platz des 9. Juli wo gerade eine Demonstration im Gange war. Viele Menschen sind mit der Politik des neuen Präsidenten nicht einverstanden, der Argentinien einen radikalen Sparplan verordnet hat und viele Subventionen abbauen will oder schon abgebaut hat. Ich selbst konnte es an den Benzinpreisen miterleben. Bei meinem letzten Aufenthalt in Argentinien, bevor ich nach Santiago fuhr, kostete der Liter Super noch 279 Pesos, jetzt 618 Pesos. Das ist da 2,2-fache. Von einem Tag auf den anderen.

Silvester

Ich gönnte mir heute mal lange auszuschlafen und suchte anschließend nach einem Ort, wo ich mein Motorrad waschen lassen konnte. Laut Google haben heute, auch wenn Sonntag ist, 3 Lavados offen. Bei den ersten beiden hatte ich allerdings kein Glück. Die waren geschlossen. Vielleicht wegen Silvester.

Aber alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Beim dritten Anlauf hatte ich Glück und mein Motorrad wurde blitzblank geputzt.

Zurück in meiner Tiefgarage musste ich noch eine kleine Reparatur vornehmen. 2 Schrauben in meinem Topcase hatten sich durch das Alublech gezogen. Die vielen Vibrationen auf den Waschbrettpisten waren wohl zu viel. Ich legte 2 große Unterlegscheiben dazwischen und zog die Schrauben wieder fest. Ich hoffe das hält jetzt. Ansonsten muss ich eine Werkstatt finden, die mir das ganze etwas verstärkt.

Am Nachmittag bummelte ich nochmal durch die Stadt. Entlang an der Kirche Iglesia San Francisco, die nicht weit von meinem Apartment liegt, zum Platz des 9. Juli. Ich weiß immer noch nicht, was am 9. Juli passiert ist, obwohl es viele Plätze mit diesem Namen in argentinischen Städten gibt. Schande über mein Haupt.

Dort setzte sich auch ein ältere Herr zu mir auf die Bank und begann sich mit mir zu unterhalten. Es war erstaunlich wie viel ich verstand. Es gibt hier im Norgen Argentiniens wohl 4 Provinzen in die zu Zeiten Hitlers (oder danach, das habe ich nicht verstanden) viele deutsche ausgewandert sind. Er selbst hat 3 Männer aus der SS kennengelernt, die damals alle schon über 90 waren. Außerdem hat er keine Kinder aber einige Neffen, die Kinder seines Bruders. Und das alles habe ich verstanden ohne jemals Spanisch gelernt zu haben. Ich war ein wenig stolz. Ok, 2 mal habe ich den Übersetzter im Handy bemüht. Das Wort für Neffe konnte ich mir sonst nicht herleiten.

Ich bummelte durch eine Fußgängerzone zur Markthalle wo ich mir eine Mango kaufte. Die erste bezahlbare Mango. 1500 Pesos pro Kilo. In Chile und im Süden Argentiniens hatten sie noch 3000 Pesos pro Stück gekostet.

Als letztes spazierte ich noch durch den Park San Martin an dessen Ostseite ein kleiner künstlicher See angelegt ist. Sehr entspannend. Hier schrieb ich auch eine Unterkunft in Susques, meinem nächsten Ziel, an, war aber mit der Antwort etwas überfordert. Ja, sie haben ein Zimmer für mich frei, aber das Personal arbeitet am 1. Januar nicht.

Heißt das die Zimmer sind nicht geputzt und die Bettlaken noch von den Gästen vorher? Oder heißt das lediglich, dass ich kein Frühstück bekomme? Ich habe einfach mal mit “Gracias” geantwortet und fahre morgen auf gut Glück hin. Mal sehen was mich erwartet.

Zurück in meinem Apartment telefonierte ich zuerst mit meinen Eltern und dann mit meinen Freunden, die sich alle zu Silvesterfeiern getroffen hatten. Das ist mein erstes Silvester an dem ich nicht mit ihnen zusammen feiere. Aber so war ich wenigstens für ein paar Minuten virtuell dabei.

Da ich irgendwie ein komisches Gefühl in der Magengegend hatte, habe ich mich entschieden heute Nacht nicht mehr auszugehen und irgendwo Silvester zu feiern. Wenn man niemanden kennt und kein Spanisch spricht ist das sicherlich auch nicht besonders lustig.

1. Januar 2024 – kein schöner Jahresbeginn

Kurz nach Mitternacht konnte ich etwas vom Silvesterfeuerwerk von meinem Fenster aus sehen. Dann steckte ich mir meine Ohrstöpsel rein und ging schlafen. Allerdings wachte ich kurze Zeit später auf und musste mich übergeben. Etwas später nochmal. Keine Ahnung, wo ich mir das eingefangen habe. Vielleicht waren es die späten Nachwirkungen des Schnitzelbrötchens von dem Straßenverkäufer in San Salvador de Jujuy. Wer weiß. Ich werde es nie erfahren.

Morgens um 8 schrieb ich meiner Vermieterin, ob ich noch eine weitere Nacht bleiben könnte. Da sie wahrscheinlich lange Silvester gefeiert hat, antwortete sie aber erst um 13:00 Uhr. Zum Glück war es kein Problem.

Jetzt ging ich ein paar Minuten aus der Wohnung um ein paar Bananen zu kaufen. Eine davon aß ich am Platz des 9. Juli.

Zurück in der Wohnung schlief ich den ganzen Nachmittag bis abends um 7.

Dann noch eine Banane, ein paar Cracker und wieder ins Bett. Ich war ziemlich fertig.

Susques, meine letzte Station in Argentinien

Zum Frühstück gab es eine weitere Banane und die 2. Hälfte der Crackerpackung. Ich fühlte ich schon wieder relativ gut. Leider regnete es draußen. Ich packte mein Motorrad, zog alle meine Regensachen an und fuhr los. Den größten Teil der Strecke bin ich ja in die andere Richtung schon vor 3 Tagen gefahren. Doch die Ruta 9 durch die grünen Berge war damals ohne Regen bedeutend schöner.

Gegen Mittag tankte ich und riskierte es und kaufte mir ein belegtes Brötchen. Ich hatte echt Hunger. Zum Glück blieb es drin.

Etwas später klarte es dann endlich auf und die Sonne kam raus. Die Fahrt über den Jujuy Pass war echt schön und etwas später kam ich zu den Salinas Grandes. Ohne die Regenwolken ist es hier noch schöner.

Man hätte zwar gegen eine Gebühr auch über den Salzsee fahren können, aber da ich meine letzten argentinischen Pesos für meine Unterkunft heute Nacht brauche, musste ich das sausen lassen. Ist vielleicht auch besser für’s Motorrad. Stattdessen ging ich ein paar Schritte zu Fuß und nutzte die Gelegenheit um in der Sonne etwas zu trocknen.

Jetzt noch 65 Kilometer bis Susques. Ich hatte schon zuvor per WhatsApp abgeklärt, dass ich einen kleinen Rabatt bekomme, da ich einfach nicht mehr genug Bargeld habe und man dort nicht mit Karte zahlen kann. Ich bekam das Zimmer daher für 10.000 statt 12.000 Pesos. Vor dem Hotel standen schon ein Motorrad mit deutschem Kennzeichen, ein Camper der gerade seine Wäsche trocknete und auf der Straße gegenüber noch 2 weitere. Ein lustiger Anblick.

Abendessen oder Frühstück im Hotel fielen mangels Kartenzahlung auch aus. Also ging ich in einen kleinen Laden wo ich mir 2 Brötchen und 2 Scheiben Käse als Abendessen kaufte und noch einen Kuchen zum Frühstück.

Dann wollte ich noch tanken, aber an der Tankstelle war niemand. Laut Google hätte sie geöffnet sein sollen. Ich schaute, ob es in der Nähe noch eine andere gäbe, doch da kam schon ein Mann aus dem Haus nebenan, der mir versucht hat etwas zu erklären. Leider war das einzige Wort, dass ich verstand “Señora”. Ich interpretierte das mal so, dass die Señora gerade nicht da ist, später aber wieder kommen würde. Ich fragte “una hora returno”. Und er antwortete etwas von dem ich “medio hora”, also “halbe Stunde” verstand.

Ich versuchte es also später noch einmal. Und siehe da, die Señora war wieder zurück. Doch leider konnte ich nicht mit Karte zahlen. Ich fragte sie, ob ich stattdessen mit chilenischen Pesos zahlen könnte und das war kein Problem.

Jetzt habe ich einen vollen Tank und bin für morgen gerüstet. Als ich zurück ins Hotel kam stellte ich fest, dass noch etliche Motorradfahrer eingetroffen waren. Als ich am Nachmittag ankam, stand nur ein anderer deutscher auf dem Parkplatz. Jetzt noch 5 weitere aus Brasilien und Argentinien sowie diverse Autos. Es wurde noch richtig voll.