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Perito Moreno Gletscher

Patagonischer Sturm

Am Abend zuvor zeigte uns Jean auf der Windy App, dass es heute ab ca. 14:00 Uhr extrem stürmen würde. Daher entschieden wir uns früh loszufahren. Der Wecker klingelte schon um 7:15 Uhr und um 8:15 Uhr ging es los. Mit 2 Tankstopps fuhren wir 550 Kilometer bis Perito Moreno. Die Strecke war sehr langweilig aber die karge steppenartige Landschaft hatte auch seinen Reiz.

Allerdings war der Wind eine echte Herausforderung. In den letzten 2 Stunden hat es extrem gestürmt. Laut der App hatte es Windgeschwindigkeiten von über 90 km/h in Böen. Das war extrem brutal besonders im Nacken.

Und als ich es nicht mehr aushielt und mal für kleine Jungs musste, konnte ich mein Motorrad nicht abstellen, da der Wind es umgeworfen hätte. Zum Glück hatte ich Hakim dabei, der mein Motorrad zusätzlich zum Seitenständer noch festhielt, so dass ich austreten konnte. So schlimm war nicht mal die Bora in Kroatien.

In Perito Moreno haben wir uns dann ein ganzes Apartment gegönnt um uns von den Strapazen zu erholen.

Abends noch in eine kleine Bar namens Fusion 40 zum Abendessen. Dort hing ein Schild an der Wand, das unseren heuteigen Tag gut beschrieb.

Cueva de las Manos

Pünktlich um 8:30 Uhr brachte uns unser Vermieter das Frühstück in unser Apartment. 4 Sandwiches mit Schinken und Käse, Croissants, Zwieback und Marmelade. Da Hakim kein Schweinefleisch isst, konnte ich alle 4 Sandwiches Essen. 😉

Um 9:15 Uhr brachen wir auf nach Bajo Caracoles. 8 Grad, bewölkt, windig. Keine all zu schöne Fahrt.

In Bajo Caracoles fragten wir in einem der beiden einzigen Unterkünfte und bekamen 2 Zimmer für je ca. 16 € . So wie Hakim noch am husten war, waren mir getrennte Zimmer lieber.

Das Hotel war auch gleichzeitig Restaurant, kleiner Kiosk, Cafe und Tankstelle.

Ich war bei der Ankunft so durchgefroren, dass ich schon überlegte ihn alleine zur Höhle zu schicken, die wir am Nachmittag besuchen wollten (und zu der wir 28 Kilometer Piste fahren mussten). Doch nach einem deftigen Mittagessen und einem Kaffee wurde mir wieder warm und ich entschloss mich doch mit zu kommen.

Der Weg dorthin war recht abenteuerlich aber es hat sich gelohnt. Alleine der Canyon in dem die Höhle liegt ist die Fahrt schon wert. Fun fact, die Bäume im Tal sind nicht aus Argentinien sondern wurden von den Spaniern eingeführt und haben sich dann ausgebreitet. Wenn ich es richtig verstanden habe sind es Weiden (engl. Willows).

Zur Höhle der Hände (Cueva de las Manos) begleitete uns ein Guide, der gut Englisch sprach und viele interessante Informationen zu den Handabrücken und Gemälden hatte. Die Höhle ist seit 1999 Weltkulturerbe.

Laut unserem Guide, sind die jüngsten Abdrücke sind 1300 Jahre alt, die ältesten 9300. Laut Wikipedia sind sie zwischen 7000 und 100 0 Jahre als. Wie auch immer, ich war extrem fasziniert wie gut die Farbe noch erhalten war. Manche der jüngeren sahen aus als wären sie erst gestern mit einer Spraydose aus dem Baumarkt angebracht worden.

Die meisten Abdrücke waren linke Hände. Von knapp 2000 Händen waren nur 35 rechte Hände. Grund dafür ist, dass die meisten Menschen Rechtshänder sind und deshalb den Knochen mit der Farbe in der rechten Hand hielten und die Linke für den Abdruck verwendeten.

Es gibt auch eine Hand mit 6 Fingern. Man geht davon aus, dass diese Anomalie durch Inzucht entstanden ist.

6 Finger Handabdruck

Neben den Handabdrücken, die alle als Negativ angefertigt wurden (indem man die Farbe in einen hohlen Knochen füllte und dann kräftig rein pustete um einen Spraydosen-Effekt zu bekommen) gab es auch einige Gemälde. Man geht davon aus, dass Guanaco Haare an Holz oder kleine Knochen gebunden und als Pinsel verwendet wurden.

Die anderen Motive waren Jagdszenen mit Jägern und Guanacos als Beute. Es gab auch ein Bild von einem Gualicho, einem mystischen Wesen, dass die Selen der Menschen fraß. Oder Bilder von schwangeren Guanacos und Baby Guanacos, die Chulengo genannt werden.

Für die Menschen, die damals in der Höhle lebten gibt es keine Bezeichnung, aber man geht davon aus, dass es Vorfahren der Tehuelche, den indigenen Ureinwohner Patagoniens waren.

Als wir zurück zu unseren Motorrädern gingen, empfahl uns der Guide eine andere Strecke zu nehmen als die, die wir gekommen waren. Sie führt direkt nach Caracoles und ist eine 47 Kilometer lange Piste, aber im Vergleich zu den 28 Kilometern vom Hinweg deutlich einfacher zu fahren. Und da der Wind wieder etwas aufgefrischt hatte, war das definitiv die bessere Wahl.

Gegen 18:00 Uhr kamen wir wieder im Hotel an und ich setzte mich direkt an den Laptop um diese Zeilen zu schreiben um mich an möglichst viel zu erinnern, was uns der Guide erzählt hat.

Friseur in Gobernador Gregores

Ein weiterer eher langweiliger Fahrtag von Bajo Caracoles nach Gobernador Gregores.

Zum Frühstück gab es ein Stück gebackenen Teig und einen Kaffee. Dann sah ich, dass ein Mann am Nebentisch 2 Spiegeleier hatte die wir uns dann auch bestellten.

Frittiertes Stück Teig und Kaffee zum Frühstück

Nochmal tanken, Motorrad packen und los geht’s über endlos gerade Straßen weiter nach Süden. Heute war der Wind etwas schwächer aber immer noch kalt. Zumindest wenn Wolken aufzogen.

Später am Tag fuhren wir auf eine Gewitterfront zu doch das Schicksal meinte es gut mit uns, denn bis wir die Wolkenfront erreichten, zog sie so weit weiter, dass wir vom Regen verschont blieben. Im Schatten war es bei 10 Grad und auffrischendem Wind aber immer noch ziemlich kalt. Von hier aus hatten wir aber nur noch eine Stunde vor uns.

In Gobernador Gregores angekommen suchten wir sofort die Tankstelle auf und wärmten uns gegenüber bei einer Tasse Kaffee und 2 Empanadas wieder auf und suchten uns im Internet eine Unterkunft.

Da es noch früh am Nachmittag war, entschloss ich mich zu einem Friseur zu gehen. Laut Google Maps gab es einen in nur 8 Gehminuten entfernt. Perfekt. Dort angekommen fand ich aber nur ein verschlossenes Privathaus. Ich fragte einen jungen Mann nebenan und er versuchte gleich dort anzurufen. Es ging aber niemand ran.

Dann bot er an mich mit seinem Auto zu einem anderen Friseur zu fahren. Naicv wie ich bin, stieg ich in einem fremden Land zu einem fremden Mann ins Auto… Nach ein paar Minuten kamen wir bei einem anderen Friseur an. Auch dieser war in einem Privathaus. Der Friseurstuhl stand in der Küche.

Der junge Mann war super nett und mit Hilfe von Google Translate verstanden wir uns auch gut. Ich habe ja auch keine großen Ansprüche an einen Haarschnitt. Hauptsache kurz.

Hakim war in der Zwischenzeit schon einkaufen und als ich zurück in unsere Unterkunft kam, war er schon am kochen. Wir hatten beide genug von Unmengen an Fleisch und Frittiertem und so kochte Hakim einen Gemüseeintopf. Sehr lecker und eine gelungene Abwechselung.

Morgen geht es dann weiter nach El Calafate wo der Gletscher Perito Moreno auf uns wartet.

Die verdammten 73 – Los 73 Malditos

Leider war die Nacht sehr kalt und ich erkältete mich doch noch. Trotz erneut getrennter Zimmer.

Nach einem guten Frühstück mit Brot, Käse, Paprika, Joghurt und Bananen machten wir uns auf die nächste eher langweilige Etappe nach El Calafate.

Vor Tres Lagos kamen dann die berüchtigten 73Kilometer unasphaltierter Piste. Zu meiner Überraschung ließ sich der Abschnitt aber sehr gut fahren. Einige wenige Passagen mit etwas tieferem Schotter aber ansonsten festgefahrener Lehmboden. Trotzdem hatte ich meinen Luftdruck abgesenkt um ein etwas besseres Gefühl zu haben.

Als wir am Ende der Schotterstecke stoppten und ich meine Reifen wieder aufpumpte, kam ein Motorradfahrer den wir kurz zuvor überholt hatten. Er war mit einer kleinen Straßenmaschine unterwegs und hatte einen Unfall im tiefen Schotter wobei er sich seinen Kupplungshebel verbogen hatte.

Ich half ihm mit meinem Werkzeug aus und wir bogen den Hebel wieder einigermaßen zurecht und zogen auch eine lockere Schraube wieder fest.

In Tres Lagos wollten wir einen Kaffee trinken, aber der einzige geöffnete Laden hatte nur etwas zu Essen und Softdrinks. Also gab es 2 Empanadas mit Limonade. Dort suchten wir uns auch eine Unterkunft für die nächsten Tage in El Calafate. Wir fanden ein schönes Apartment das letztlich nicht mehr kostete als Betten in einem Hostel Schlafsaal.

Weitere 2½ Stunden später erreichten wir unsere Unterkunft dann. Sie war schon vorgeheizt und hat auch eine Waschmaschine was uns den Gang in die Wäscherei erspart. Leider funktionierte die Maschine nicht und der Vermieter war gerade nicht da.

Deshalb machten wir einen kleinen Spaziergang durch die sehr touristische Stadt. Zum Abendessen gab es Patagonisches Lamm vom Grill. Super lecker.

Als wir zurück kamen versuchten wir es nochmal mit der Wäsche. Leider wieder erfolglos. Doch netterweise nahm der Vermieter die Wäsche mit zu sich und wusch sie für uns.

Morgen steht dann der Gletscher Perito Moreno auf dem Programm. Ich hoffe ich bin einigermaßen fit. In der letzten Nacht war es so kalt, dass ich heute den ganzen Tag Halsschmerzen hatte. Ich hoffe es wird keine ausgewachsene Erkältung.

Perito Moreno Gletscher

An Tag 19 meiner Reise erreichte ich das Highlight Patagoniens. Den Perito Moreno Gletscher.

Wir standen heute etws später auf und frühstückten gemütlich.

Dann ging es los zum Gletscher. Schon die Fahrt dorthin war ein Genuss. Die Berge kamen immer näher und die Gipfel wurden weißer.

Auf dem Weg zum Perito Moreno Gletscher

Ein paar Kilometer vor dem Gletscher gab es schon einen Aussichtspunkt von dem aus man den Gletscher in der Ferne sehen konnte.

Vom Parkplatz aus begann ein Fußweg über diverse Treppen entlang des Ufers bis wir irgendwann die Nordflanke sehen konnten. Schon die davor schwimmenden Eisschollen waren beeindruckend, aber nichts gegen die Gletscherzunge selbst.

Kurz bevor ich ihn sah hörte ich schon ein Stück abbrechen. Aber ich war zu spät an der Aussichtsplattform um es zu sehen.

Die nächsten 2½ Stunden spazierte ich über den Fußweg zur Südseite und wieder zurück, doch ich sah in der ganzen Zeit lediglich ein winziges Stück abbrechen.

Auf der letzten Plattform traf ich 2 Austauschschülerinnen aus Deutschland, die mir erzählten, dass sie auf der Südseite innerhalb einer halben Stunde 4 Abbrüche sahen, davon einen großen. Sie hattes es sogar auf Video. Ich war ganz schön neidisch.

Aber auch ohne einen Abbruch zu sehen war de Anblick gigantisch und ich genoss jede Minute dort. Als ich auf dem Rückweg war verhöhnte mich das Schicksal noch. Denn ca. 5 Minuten nachdem ich außer Sichtweiter war hörte ich ein dunkles Grollen über mehrere Sekunden. Da muss ein riesiges Stück abgebrochen sein. Hätte ich noch 5 Minuten länger ausgehalten…

Aber irgendwann zollte ich der eisigen Gletscherluft ihren Tribut und ich frohr so sehr, dass ich mich entschloss nicht länger zu warten. Ein keiner Wermutstropfen auf einen sonst fast perfekten Tag.

Zurück in El Calafate schrieb ich Jean und Sara, die schon seit gestern dort waren und wir verabredeten uns zum Essen. Zuerst tranken wir noch einen Kaffee auf der Dachterrasse eines Restaurants und dann gingen wir in das gleich Restaurant in dem wir schon am Vorabend das tolle Lamm hatten. Diesmal hatte ich Guanaco Gulasch mit Spätzle. Sehr lecker.

Bevor wir uns verabschiedeten machten wir noch ein paar Fotos auf meinem Motorrad. Da die beiden auch nach Ushuaia weiterfahren, werde ich sie auf dieser Reise nicht mehr treffen. Aber vielleicht fliege ich irgendwann mal nach Brasilien und statte ihnen einen Besuch ab.