Zurück in Argentinien
Als ich mein Motorrad packte begann es zu regnen. Ich zog also wieder mein komplette Montur inkl. Regensachen an und fuhr los.
Blöderweise zeigte die offizielle argentinische Webseite an, dass der Pass, den ich nehmen wollte, geschlossen sei. Allerdings stand dort auch, dass die Daten zum letzten mal vor 11 Stunden aktualisiert worden seien. Da der Pass in den letzten Tagen immer offen war, hoffte ich, dass es sich um einen Fehler der Webseite hielt. Und da mir immer wieder Autos und auch ein paar Lastwagen entgegen kamen war ich guter Dinge, dass die Grenze passierbar war.
Dem war auch so. Die Kontrolle dauerte eine Weile, aber nicht übermäßig lange und dann war ich im Niemandsland zwischen Chile und Argentinien. Bis zum argentinischen Kontrollposten waren es noch 40 Kilometer. Kaum hatte ich Chile verlassen klarte der Himmel auf und ich erreichte die Passhöhe (auf lächerlichen 1300 Metern) bei auflockernder Bewölkung.
Ich fuhr erneut einen Teil der Sieben-Seen-Route und machte einen Stopp am Lago Espejo Grande. Hier war der Himmel schon wieder strahlend Blau und die Temperaturen übersteigen die 20 Grad Marke.
Noch ein schnelles Foto am Wasserfall Vuliñanco und dann weiter nach Junin de Los Andes. Nachdem ich im Hotel eingecheckt hatte ging ich noch eine Runde in den Park und telefonierte mit meinen Eltern.
Zum Abendessen hatte ich ein leckeres Steak in der Restobar 2021.
Als ich zurück ins Hotel kam, bat ich den Mann an der Rezeption für mich meine nächste Unterkunft anzurufen und mir ein Zimmer zu buchen. Sie hatten noch etwas frei und es sollte 6000 Pesos (ca. 6,35€) kosten. Ich dachte bei dem Preis handele es sich um ein Bett in einem Schlafsaal, aber ich sollte morgen eines besseren belehrt werden. 🙂
Ein langer Tag
430 Kilometer, davon rund 100 unbefestigt. Heute war ein langer anstrengender Tag. Ich verließ um 9:15 Uhr mein Hotel in Junin und statt zur Ruta 40 zu fahren, nahm ich die 23 durch die Berge in Richtung Lago Alumine.
Die ersten Kilometer waren perfekt geteert und landschaftlich extrem schön, doch irgendwann begann das erste Schotterstück. Netterweise ausgeschildert mit einer Länge von 26 Kilometern. Ich ließ etwas Luft aus meinen Reifen und nahm es in Angriff.
Nachdem ich es geschafft hatte, machte ich eine Pause, pumpte meine Reifen wieder auf und aß einen Banane und einen Brownie, die ich mir am Vortag in Junin noch gekauft hatte. Kurz darauf ein Schild, das jeden Motorradfahrer erfreut. Frei übersetzt „10 Kilometer kurvige Strecke“, doch ein paar hundert Meter später dann das nicht so schöne Schild „10 km Schlalgöcher“. Doch es waren nicht nur Schlaglöcher, es wurde wieder ein kompletter Schotterabschnitt. Zum Glück sehr leicht zu fahren, da ich für die 10 Kilometer nicht wieder Luft aus den Reifen ließ. Aber es ging auch ohne ganz gut.
Vor dem Lago Alumine dann erneut ein Schild, das auf 22 Kilometer Schotterpiste hinwies. Ich senkte erneut den Luftdruck und los ging es.
Am See machte ich einen kleinen Abstecher zu einem Aussichtspunkt und pumpte meine Reifen wieder auf.
Nur um nach der nächsten Kreuzung festzustellen, dass die Straße wieder geschottert war. Diemal ohne Schild, aber meine App OSMAnd sagte mir, dass es diesmal 37 Kilometer seien. Also wieder Luft raus und los.
Am Ende dieser Passage war ich schon knapp 6 Stunden unterwegs und hatte immer noch 220 Kilometer vor mir. Gut dass ich die Unterkunft für heute schon gebucht hatte.
Die Landschaft änderte sich zwar deutlich, die Berge wurden flacher und die Vegetation etwas karger aber es war nicht minder schön. Irgendwann traf ich noch auf eine Schafherde, die von ein Paar Gauchos getrieben wurde.
In Chos Malal bezog ich mein Zimmer. Das bisher günstigste auf meiner Reise. Umgerechnet 6,35€ für ein eigenes Zimmer mit geteiltem Bad. Die Dame, die mich empfing sprach leider kein Englisch, aber ein anderer Gast, Nico, übersetzte netterweise. Er fragte mich auch, ob ich zusammen mit den anderen Gästen zu Abendessen wolle und ich sagte zu ohne zu wissen was es geben sollte. Aber damit hatte ich schon in Asien gute Erfahrungen gemacht. Wieso also nicht auch hier?
Da Sonntag war, hatten die meisten Geschäfte geschlossen. Es dauerte eine Weile bis ich einen Kiosk fand, der geöffnet war und in dem ich etwas zu trinken kaufen konnte.
Dann gönnte ich mir noch ein Eis am Stiel und schlenderte ein wenig bei 35 Grad durch den Park (gestern morgen in Chile hatte es noch 9 Grad und es regnete). Dort standen auch noch ein paar interessante Adventure Bikes, die für etwas extremere Offroad-Etappen gerüstet waren. Weniger Gepäck und brutalere Reifen.
Zurück im Hostel war vom Abendessen noch nichts zu sehen. Also setzte ich mich erst mal an meinen Laptop, bearbeitete Bilder und schrieb an meinem Tagebuch. Gegen 9 fing dann Gajjegos, der Inhaber, an den Grill anzuwerfen und um halb 10 hieß es dann, in ca. 30 Minuten sei das Essen fertig.
So spät hatte ich bis jetzt noch nicht gegessen, aber das warten hat sich gelohnt. Nico war sich nicht sicher, meinte aber das Fleisch sei Rinderbauch. Es war jedenfalls fantastisch. Das beste Essen, das ich bisher hatte. Besser noch als das patagonische Lamm in El Calafate.
Wir saßen noch eine Weile zusammen. Die anderen plauderten und ich verstand kein Wort, aber ich genoss die Gesellschaft trotzdem, denn die spanische Sprache klingt wie Musik in meinen Ohren. Kurz vor 12 machte ich dann schnell den Abwasch und verabschiedete mich ins Bett. Ach ja, für das fürstliche Mahl wollte der Gastgeber 3500 Pesos haben. Ein Witz.
Nochmal Strecke machen
Was ein brutaler Tag. Heute standen knapp 500 Kilometer auf dem Plan. Als ich mir die Strecke am Computer anschaute sollte sie etwa 6 Stunden dauern.
Morgens auf dem Handy zeigte mir Google Maps allerdings 9 Stunden an. Wieso? Weil es dort einen Motorradmodus gibt und Google der Meinung ist, dass Motorräder so viel langsamer sind. Dass das an einer elend langen Schotterpassage liegt erfuhr ich erst später.
Gegen 9 war ich abfahrbereit, doch dann bot mir mein Gastgeber einen Kaffee an und noch etwas Kuchen und wir quatschten noch und machten Fotos und so kam ich erst um 9:45 Uhr los.
Ich fragte ihn noch nach der Strecke und er meinte zwischen 2 Ortschaften gäbe es eine Schotterpassage auf der ich langsam machen müsste. Auf der Karte sah das nicht so weit aus, aber wie sich später herausstellte, habe ich ihn falsch verstanden.
Doch ich fuhr erst einmal los und genoss die traumhafte Strecke und den perfekten Asphalt. Die Landschaft ist hier ist einfach toll.
Nach ca. 160 Kilometern hielt mich dann die Polizei an. Nicht weil ich etwas falsch gemacht hätte, nein, weil sie mich vor der vorausliegenden Schotterstrecke warnen wollte. Laut dem Polizisten 90 Kilometer. Das klang anstrengend.
Und das war es auch. Die Piste war zwar einfach zu fahren, aber zu großen Teilen mit Waschbrett-Riefen „gesegnet“, das hat mich mürbe gemacht. Und wenn mal ein glatter Abschnitt kam, dann wurde der Schotter tiefer. Schneller als 35 km/h konnte ich nie fahren. Am Ende hat sich herausgestellt, dass ich für 85 Kilometer knapp 4 Stunden brauchte. Also ein Schnitt von etwas über 20 km/h.
Und wäre das nicht schon nervig genug gewesen verpasste ich auch eine Tankstelle und als ich merkte dass mein Tank nur noch halb voll war, war ich schon eine halbe Stunde an der Tanke vorbei. Doch bis zur nächsten war es verdammt knapp.
Nach 55 Kilometern Schotter kamen mir 4 andere Motorradfahrer entgegen. 2 sprachen gut Englisch und wir informierten uns Gegenseitig, was noch vor uns liegt. Als ich nach der nächsten Tankstelle fragte, meinte der eine, dass es noch eine gibt, die auf Google Maps nicht eingezeichnet ist. In 50 Kilometern. Er bot mir auch Sprit aus seinem Ersatzkanister an, aber ich lehnte dankend ab, denn 50 Kilometer waren kein Problem.
Im Nachhinein stellte ich heraus, dass ich das Angebot besser angenommen hätte, denn besagte Tankstelle existierte zwar, war aber geschlossen. Also weitere 65 Kilometer zur nächsten. Und meine Reserveleuchte war schon am blinken. Normalerweise schaffe ich dann noch 100 Kilometer, aber der Wind frischte auf und kam mir entgegen, außerdem ging es leicht bergauf wodurch ich meinen Verbrauch nicht einschätzen konnte. Zum Glück war der Rest der Strecke geteert und ich fuhr so spritsparend wie möglich.
Als ich die Tankstelle erreichte gingen dann doch nur 13,5 Liter in den Tank. Ich wäre also wahrscheinlich noch 50 Kilometer weitergekommen. Doch während dem Fahren dachte ich ständig, dass es ziemlich knapp wird.
In der Tanke machte ich eine Pause kaufte mir neues Wasser und eine Limonade. Denn schon kurz nach dem Losfahren stieg das Thermomete auf über 30 Grad und pendelte sich den ganzen Tag über bei 35 Grad ein. Dementsprechend war mein Flüssigkeitsverbrauch.
In der Tankstelle merkte ich auch, dass mein mobiles Internet abgelaufen ist. Diesmal die argentinische Karte. Zum Glück gab es dort WLAN und ich konnte mir per Kreditkarte ein neues Paket kaufen.
Nun hatte ich immer noch 2½ Stunden vor mir. Also machte ich noch an einem Schnellimbiss halt und aß 2 kleine Empanadas, auf die ich allerdings 20 Minuten wartete. Doch die Pause tat gut. die 85 Kilometer Piste haben mich ganz schön fertig gemacht.
Aus irgendeinem Grund war mein Gastgeber jetzt auch per WhatsApp erreichbar (was er morgens noch nicht war). Ich schrieb ihm meine ungefähre Ankunftszeit und fuhr weiter.
Jetzt war die Straße zwar geteert aber der Wind wurde immer stärker und nerviger. Erst 1½ Stunden vor meinem Ziel bog ich nach rechts ab und hatten den Wind von hinten. Doch jetzt sah ich ziemlich dunkle Wolken, die genau über meinem Zielort zu hängen schienen. Das habe ich nun wirklich nicht mehr gebraucht.
Doch glücklicherweise war in El Nihuil alles Trocken und ich bezog ein komplettes Bungalow. Als Nico es am Vorabend für mich gebucht hatte, dachte ich es sein nur ein Zimmer. Und er hatte auch nicht nach dem Preis gefragt. So wurde ich heute positiv überrascht, dass ich nur 18.000 Pesos, rund 20€ bezahlte. In Chile hätte das mindestens das Doppelte gekostet.
Allerdings verließ mich mein Glück wieder als ich versuchte etwas zu Essen zu finden. Die einzigen 3 Restaurants, die es in dem Ort gibt waren alle geschlossen. Also ging ich in einen kleinen Markt, kaufte mir ein paar Brötchen, eine Rolle Leberwurst und einen Apfel. 2 Brötchen zum Abendessen und 2 morgen als Frühstück.
Vorerst letzter Tag in Argentinien
Garry, ein Motorradfahrer aus unserer Container-Gruppe hatte vor ein paar Tagen eine Streckenempfehlung durch einen Canyon verschickt, der ich heute folgte. Das war auch der Grund, weshalb ich mir eine Unterkunft in dem ansonsten völlig uninteressanten Ort El Nihuil gesucht hatte.
Kurz nach dem Ortsausgang bog ich auf die Ruta 173 ab, die in den Canyon del Atuel führte. 47 Kilometer einfache Piste entlang des Flusses durch den Canyon. Wunderschöne Landschaft. Ich musste mich wieder zurückhalten um nicht zu viele Fotos zu machen. Hier habe ich meine Videokamera vermisst.
Nach dem Stausee Embalse Valle Grande war die Straße wieder asphaltiert und es reihte sich ein Rafting Anbieter an den anderen, aber ich bin ja zum Motorradfahren hier.
Nächstes Ziel war die Tankstelle in San Rafael. Ich wollte nicht schon wieder bangen müssen ob der Sprit reicht. Dort fand ich im 3. Anlauf auch etwas zu Essen. Einen Laden, in dem es nur Essen zum Mitnehmen gab und man sich von einem Buffet bedienen konnte. Abgerechnet wurde nach Gewicht. Ich fragte, ob ich eine Plastikgabel dazubekommen könnte. Kein Problem.
Im ersten Durchgang aß ich Reis mit etwas Fleisch und Gemüse, gebratenes Gemüse und 2 panierte und gebratene Zucchini, dazu Rote Beete Salat.

Da es so lecker war, ging ich noch ein 2. Mal rein und holte mir noch eine Kartoffel-Tarte und nochmal gebackene Zucchini und Rote Beete Salat. Danach war ich pappsatt.

Die nächsten Stunden waren eher langweilig. Schnurgerade Straßen und flache karge Landschaft. Doch 70 Kilometer vor meinem Ziel bog ich in die Berge ab. Es ging zum ersten mal so richtig in die Anden. Meine Unterkunft ist in Uspallata, das auf 1900 Metern Höhe liegt. Morgens im Canyon war ich noch auf 700 Metern.
Da das vorerst mein letzter Abend in Argentinien ist, ging ich nochmal schön Essen und gönnte mir ein Rinderstek mit Champignons und Fritten. Hervorragend. Und inklusive Wasser habe ich nur 14 € bezahlt.
Morgen geht es über den Paso Los Libertadores auf 3200 Metern Höhe und wenn möglich sogar über die alte Passstraße zum „Cristo Redentor de los Andes“ auf 3832 Metern. Dort oben soll es zwischen 0 und 5 Grad sein. Ich habe schon mal wieder das Innenfutter in die Jacke und Hose gemacht und werde mir wahrscheinlich trotzdem den Arsch abfrieren.